Innenministerium legt Zahlen für Weißenburg-Gunzenhausen vor
WEISSENBURG (js) – Das Bayerische Innenministerium hat detaillierte Zahlen zu den rechtsextremistisch motivierten Straftaten im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen veröffentlicht. Die Polizei ordnete 185 Straftaten in den vergangenen knapp 14 Jahren diesem Spektrum zu: vom Landfriedensbruch über Störung der Totenruhe bis hin zu Urkundenfälschung und Körperverletzung. Schwerpunkt der rechtsextrem motivierten Straftaten ist Weißenburg.
Die Zahlen gibt es polizeiintern bereits länger, in der Öffentlichkeit wurden sie in dieser Detailfreude allerdings noch nicht präsentiert. Dass das nun geschah, liegt an einer Anfrage der beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Katharina Schulze und Martin Stümpfig an die Staatsregierung. Der Sprecherrat des Landkreisbündnis gegen Rechts hat die Zahlen als Pressemitteilung versandt und mit einer kurzen Kommentierung versehen. In der verweist man etwa darauf, dass die „niedrige Aufklärungsquote von nur 33 Prozent auffallend“ sei.
Die erklärt sich allerdings möglicherweise aus einem anderen Umstand, der aus der Statistik hervorgeht. Ganze 72 Prozent der rechtsextremistisch motivierten Straftaten entfallen auf die Rubrik „Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen“. Geht es dabei um an Bushäuschen gesprühte Hakenkreuze oder mit Edding gemalte SS-Runen am Trafokasten, ist es für die Polizei häufig schwer, einen Täter zu ermitteln.
Allerdings ist die Polizeistatistik in diesem Fall generell keine exakte Wissenschaft. Die Definition, ob es sich um eine rechtsextremistisch motivierte Straftat oder ein „ganz normales“ Verbrechen handelt, ist schwammig und hängt von der persönlichen Einschätzung der Sachbearbeiter ab.
Junge Türkin beschimpft
Das weiß man auch aus lokaler Erfahrung. 2009 hatten Recherchen unserer Zeitung zu einer Änderung des Verfassungsschutzberichts geführt. Zwei Männer hatten eine junge Türkin im Zug in Treuchtlingen beleidigt. „Scheiß Türkin, du solltest vergast werden“, zitierte die Polizei die Aussage der beiden Männer. Trotzdem wurde weder die Beleidigung noch die anschließende Auseinandersetzung mit einem Mann, der der Frau zu Hilfe kam, als rechtsextremistisch motivierte Straftat eingestuft. Ein Fehler, wie die Polizei schließlich einräumte.
Nach wie vor nicht in den offiziellen Zahlen enthalten ist ein Vorfall aus dem Jahr 2007. Ein deutscher Jugendlicher, der in rechtsextremen Kreisen verkehrte, verprügelte einen türkischen Jugendlichen mit einem Schlagstock und beschimpfte ihn mit ausländerfeindlichen Parolen. Die rechtsextreme Einstellung des Täters sei nicht die maßgebliche Motivation für die Auseinandersetzung gewesen, hieß es damals. Man darf für die Statistik also von einer Dunkelziffer ausgehen.
Aus dem aktuellen Zahlenwerk lässt sich allerdings herauslesen, dass die Zahl rechtsextremistischer Straftaten in den vergangenen 14 Jahren in Weißenburg-Gunzenhausen im Vergleich zu Gesamtmittelfranken leicht überdurchschnittlich war. Den 185 Straftaten in diesem Bereich stehen 3286 für ganz Mittelfranken gegenüber. Umgerechnet auf die Bevölkerung bedeutet das, dass etwa jeder 18. Mittelfranke in Weißenburg-Gunzenhausen wohnt, dass sich hier aber jede 17. rechtsextremistisch motivierte Straftat ereignet hat.
Schwerpunkt der rechtsextremen Aktivitäten ist die Stadt Weißenburg. Dort ereigneten sich 77 der 185 Straftaten im genannten Zeitraum. Gunzenhausen verzeichnet mit 36 Fällen weniger als die Hälfte, in Treuchtlingen wird die Zahl mit 28 angegeben. Pleinfeld mit 13 politischen Straftaten sticht aus der Gruppe der kleineren Gemeinden heraus.
Quelle: Altmühlbote